Unsere politische Mitwirkung

Die folgenden Abschnitte beschreiben die Positionen des Assyrischen Jugend Mitteleuropa e. V., an denen sich Suryoye Ruhrgebiet e. V. beteiligt hat und diese inhaltlich voll und ganz mitträgt.

Die ausgeführten Positionen beziehen sich auf die Einordnung der historischen Ereignisse, die zur Vertreibung der angestammten christlichen Volksgruppen im Nahen Osten geführt haben. Ebenso richten sich Appelle an die Politik diesen Geschehnissen Rechnung zu tragen.

Das Jahr 1915 wirft bis heute einen Schatten auf die jüngste Geschichte der Assyrer*innen. Der Begriff „Sayfo“, zu dt. Schwert, bezeichnet in der aramäischen Muttersprache des assyrischen Volkes den Genozid an den christlichen Minderheiten der Assyrer*innen, Armenier*innen und Pontosgriech*innen im Osmanischen Reich. Der maßgebliche Auftakt erfolgte auf Anordnung des damaligen Innenministers, Talât Pascha, in der Nacht vom 24. April 1915. Dabei ließ er hunderte armenische Intellektuelle zunächst in Konstantinopel und in den Provinzregionen Anatoliens verhaften, verschleppen sowie deportieren. Daraufhin wurden schätzungsweise über zwei Millionen Christ*innen im Zuge des administrativen Deportationsbefehls der damaligen jungtürkischen Regierung binnen zwei Jahren systematisch aus ihrer angestammten Heimat vertrieben, deportiert, hingerichtet oder auf Todesmärschen gen syrische Wüste geschickt. Zu den Mittätern zählten zudem zahlreiche der lokalen kurdischen Stämme, die die Befehle der jungtürkischen Regierung ausführten und heute im Wesentlichen die betroffenen assyrischen Gebiete besiedeln.

Die offiziellen Opferzahlen aus den assyrischen Reihen divergieren zwischen 250.000 und 380.000 Betroffenen. Die Dunkelziffer liegt im kollektiven Gedächtnis allerdings zwischen 500.000 und 750.000 Opfern. Exakte Angaben sind jedoch aufgrund der Vernichtung von Quellenmaterialien, des Verschlusses von Archiven und des Mangels an wissenschaftlichem Interesse am Schicksal der Assyrer*innen im akademischen Milieu schwer zu ermitteln. Zudem kam die späte Verarbeitung des Genozids innerhalb der assyrischen Gesellschaft hinzu, welche erst in der Diaspora begonnen hat.

Bis heute leugnet die Türkei als Nachfolgestaat des Osmanischen Reiches den Völkermord sowie die Anordnung seitens der damaligen Regierung. Über 100 Jahre nach dem dunklen Kapitel des Sayfo befindet sich die psychologische, historische und politische Aufarbeitung des Genozides noch immer in ihren Anfängen. Als assyrischer Jugendverband in Europa und als Nachkommen der Opfer des Sayfo stehen wir für die öffentliche Anerkennung weltweit – aber vor allem auch in unseren Heimatgebieten – ein und fordern Wiedergutmachung für das Leid hunderttausender Assyrer*innen.

Unsere politischen Forderungen sind daher:

  • Die Anerkennung und Aufarbeitung des Völkermordes seitens der Türkei als Nachfolgestaat;
  • Die klare Nennung und Berücksichtigung aller betroffenen Volksgruppen bei der europaweiten Anerkennung und Aufarbeitung des Völkermordes, insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz;
  • Das ausdrückliche Bekenntnis der Bundesregierung zur Völkermord-Resolution, die 2016 vom Bundestag verabschiedet wurde;
  • Die verbindliche Aufnahme der historischen Aufklärung des Völkermordes im Bewusstsein der europäischen Öffentlichkeit, das Integrieren in die Erinnerungskultur und die Implementierung in die Lehrpläne durch die zuständigen Bildungseinrichtungen, insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz.